Samstag, 27. Dezember 2014

Aus gutem Grund


Mondsand

Hans Arp ( 1886-1966)

Ein Engel fragt:
"Kann ich einmal
einen kleinen Augenblick
ein Menschenleben lang
vom himmlischen Saus und Braus
Urlaub nehmen?
Ich möchte gerne
als armer Mensch
den Mond andichten."


Hans Arp, Gedichte III, Arche Verlag 1984.

Montag, 22. Dezember 2014

Fröhlicher Wechsel - lieblicher Tausch

Weihnachten, das hohe Fest der Liebe, können uns nur diejenigen erklären, die es erfahren haben. Die Liebenden? Ja genau, lassen wir den Mystikern, den Liebenden des Glaubens, das Wort:  

Aus den Predigten des hl. Bernhard:
"Nirgendwo zeigt Gott seine Liebe so deutlich, wie im Geheimnis seiner Menschwerdung und seines Leidens; nirgendwo wird seine Zuneigung offenkundiger, nirgendwo leuchtet seine Güte heller auf als in seinem Menschsein."



Lobt Gott, ihr Christen alle gleich

von Nikolaus Herman

1) Lobt Gott, ihr Christen alle gleich,
in seinem höchsten Thron,
der heut schließt auf sein Himmelreich
und schenkt uns seinen Sohn,
und schenkt uns seinen Sohn.


2) Er kommt aus seines Vaters Schoß
und wird ein Kindlein klein,
er liegt dort elend, nackt und bloß
in einem Krippelein,
in einem Krippelein.


3) Er entäußert sich all seiner G'walt,
wird niedrig und gering
und nimmt an eines Knechts Gestalt,
der Schöpfer aller Ding,
der Schöpfer aller Ding.


4) Er wechselt mit uns wunderlich:
Fleisch und Blut nimmt er an
und gibt uns in seins Vaters Reich
die klare Gottheit dran,
die klare Gottheit dran.


5) Er wird ein Knecht und ich ein Herr;
das mag ein Wechsel sein!
Wie könnt es doch sein freundlicher,
das herze Jesulein,
das herze Jesulein!


6) Heut schließt er wieder auf die Tür
zum schönen Paradeis;
der Cherub steht nicht mehr dafür.
Gott sei Lob, Ehr und Preis,
Gott sei Lob, Ehr und Preis!


EG 27




Sonntag, 7. Dezember 2014

Adventsgruß

Verse zum Advent

Theodor Fontane

Noch ist Herbst nicht ganz entflohn,
Aber als Knecht Ruprecht schon
Kommt der Winter hergeschritten,
Und alsbald aus Schnees Mitten
Klingt der Schlittenglöckleins Ton

Und was jüngst noch, fern und nah,
Bunt auf uns herniedersah,
Weiß sind Türme, Dächer, Zweige,
Und das Jahr geht auf die Neige,
Und das schöne Fest ist da.

Tag du der Geburt des Herrn,
Heute bist du uns noch fern,
Aber Tannen, Engel, Fahnen
Lassen uns den Tag schon ahnen,
Und wir sehen schon den Stern. 

Montag, 17. November 2014

Sterben hat seine Zeit

Früher gab es Rituale für das Sterben, früher war das Sterben Teil des Lebens. Jetzt findet es so abgesondert statt, dass im alltäglichen Leben davon nichts mehr sichtbar wird, Sterben - ein unbekannter Kontinent...
In der Schule bekomme ich konferenzfrei. In der Pause sagt eine Kollegin: Ich habe gehört, deiner Mutter geht es nicht gut. Ich sage: Sie stirbt. Und die Kollegin antwortet: Das hast du vor vierzehn Tagen auch schon gesagt. Alle scheinen zu glauben, das Sterben sei auf einen Moment reduziert, auf den Moment des Todes, und vorher sei alles unbedeutend. 
Was ich jetzt erfahre: Das Sterben kann ein Weg sein, und immer mehr wünsche ich, der Tod wäre nur ein Durchgang auf diesem Weg hinaus...   

Sonntag 23. November 2014 - 18:00 Uhr
Birgit Heiderich liest aus ihrem Roman
"Sterben hat seine Zeit"

In ihrem Roman "Sterben hat seine Zeit" setzt sich Birgit Heiderich mit dem Sterben der Mutter aus Sicht der Tochter auseinander. Sie wagt es, den Blick nicht abzuwenden, nichts zu verschleiern, was zu zeigen, zu hören, zu sehen und zu ertragen ist, wenn ein Mensch - und eine Mutter dazu - langsam stirbt.   

"Das ist ein wunderbares Buch!
Alles mit dem Körper geschrieben. So wurde das Sterben 
noch nie buchstabiert. Das kann nur die Liebe"
Martin Walser

Birgit Heiderich studierte Pädagogik, Theologie und Philosophie und war Mitglied der legendären Tübinger "Gruppe 547" um Walter Jens. Sie lebt in Freiburg.   

So 23.11., 18:00 I Friedenskirche Freiburg, Hirzbergstraße 1 I Gemeindesaal I Eintritt frei


Sonntag, 9. November 2014

Und wir in der Mitte durch

25. Jahre Mauerfall 

Dazu einige Auszüge aus der Kurzgeschichte Verheißung

Was der Osten war

Ich hatte Freunde. Wir trafen uns in derselben Kirche, obwohl wir in der ganzen Stadt verteilt wohnten. Bald wohnten wir gemeinsam, getrennt, gemeinsam. Wir lasen alle Bücher gemeinsam, getrennt, gemeinsam. Die verbotenen Bücher machten in unserem Freundeskreis die Runde. Alle lasen den Zarathustra und 1984 lasen alle Orwells 1984. Danach fühlten wir uns nicht mehr sicher in der Stadt. Also zogen wir aufs Land und schafften zunächst mal Hühner an. Es gab kaltes Wasser auf dem Hof, das wir in eine weiße Emailleschüssel pumpten und auf den Herd stellten, um es anzuwärmen. Wenn wir beim Abwaschen noch zwei Schüsseln dazustellten, dachte ich an meine Oma. Aber nur kurz. Niemand von uns hatte an Gummihandschuhe und Ärmelschoner gedacht. Man wollte lieber Gitarre spielen, diskutieren und den Staat im Staate gründen. Fern ab von der Staatssicherheit. Unsere Ausweise wollten wir dem Staat schenken. Irgendwann.
Es gab eine Gemeinschaftsbibliothek und genaue Absprachen darüber, wer wann welches Buch aus dem Westen besorgen könnte. Eines Tages sagte mein Freund, die wissen von unserer Bibliothek, einer von uns hat uns verraten. Dem Osten konnte man nicht entkommen. Er war überall in diesem Land. Wir beschlossen das Landleben aufzugeben. Wer nicht Musik machen wollte, begann schließlich Theologie zu studieren.

1986 legte sich meine Westoma in ihrem Seniorenheimzimmer ins Bett, um nicht mehr aufzustehen. Für eine Übersiedlung war es lange schon zu spät. Sie sei zu verwirrt gewesen. Mein Vater erhielt keine Reiseerlaubnis, um sich an das Bett seiner Mutter setzen zu können. Erst als man ihr Bett in Sterbebett umbenannte, durfte er über die Grenze und sogar an dieses Sterbebett treten, ihre nackte Hand umschließen bis der Tod sie ihm für immer entzog. Er stand verwaist und kinderlos auf der Beerdigung seiner Mutter, denn wir hatten keine Reiseerlaubnis erhalten. Erst später, als mein Vater zurück war, bekamen wir sie. Ich staunte, was meine Westoma nach ihrem Tode noch alles durchsetzen konnte. Wir durften rüber. Eine nach der andern. Ich hatte verstanden.

Rechts die Mauer, links die Mauer und ich in der Mitte durch.

Die Luft im Westen war anders, selbst in Hannover. Ich lief dort tagsüber durch die Museen, Buchhandlungen und Antiquariate, und nachts ging ich ins Kino oder hockte mit meinen neuen Freunden in Kneipen. Meine neuen Freunde waren Buchhändler und Museumswärter, Kellner oder Studenten, die mir ihre Telefonnummer gaben oder ein Essen in der Mensa spendierten. Ich konnte die Seife meiner Oma an ihren Händen riechen, während sie versuchten mir die Augen zu öffnen.

Die Universität in Hannover war sehr schön. Noch nie hatte ich eine solche Universität gesehen. Sie erinnerte mich an die EWU, die Einzig-Wahre-Universität, die wir im Osten immer gründen wollten. Irgendwann. Im Westen gab es nicht nur zwei Studienfächer, Theologie und die andern. Man konnte alles studieren. Man konnte ein richtiges Philosophiestudium aufnehmen. Man konnte alle Bibliotheksbücher entleihen. Ich nahm eine andere Haltung an und atmete tief durch. Frei, dachte ich, hier wäre man wirklich frei. Aber, wem würde ich die neuen Bücher zeigen, mit wem würde ich die Bücher lesen. Gemeinsam, getrennt und gemeinsam. Ich fühlte mich noch nicht reif für eine eigene Bibliothek. Ein eigenes Kapital. Plötzlich sehnte ich mich nach meinen alten Freunden. Und die Tante rief, das ist doch kein Hotel hier. Ich musste ihr recht geben.

Berlin. Drei Jahre später. Links die Mauer, rechts die Mauer und wir alle in der Mitte durch.

Was der Westen ist
Der Westen ist hier beinahe allgegenwärtig, und wir geben so ziemlich alles, um dieser Tatsache gerecht zu werden. Dafür ziehen wir durchs Land, dafür arbeiten wir, wo andere Urlaub machen. Ich habe jetzt eine eigene Bibliothek, einen eigenen Mann und ein eigenes Kind. Und die eine oder andere Seife erinnert mich noch an den verheißungsvollen Geruch, der dem geöffneten Koffer meiner Oma Sommer für Sommer entstieg.

Was der Osten ist

Der Osten ist jetzt nur noch eine Himmelsrichtung.

aus: Manuela Fuelle, Verheißung, in: Adieu. Geschichten von Abschied und Aufbruch, Hg. von Arnd Brummer, edition chrismon 2014. 





Sonntag, 2. November 2014

Noch lieber als Romane schreiben

Anders Lagerlöf sagt (und das hat er wohl irgendwo gelesen), wenn man diesen Dom betritt, fühlt man gleich, daß die, die ihn einst am Ende des zwölften Jahrhunderts bauten, durch aus nicht an die Mühe oder die Kosten gedacht haben, sondern nur daran, ein Haus zu bauen, würdig, daß Gott dort wohnt. Und als Anders das sagte, war mir genauso, als fühlte ich Gottes Gegenwart. Er schwebte oben im Gewölbe und sah auf uns herunter, obgleich wir ihn nicht sehen konnten. 
Ich bin noch niemals in eine Kirche getreten, wo man Gottes Gegenwart so deutlich fühlt; aber dieses ist auch die erste Kathedrale, die ich gesehen habe. (Kathedrale ist ein schönes Wort).
Es war ein Samstagvormittag, und so war kein Gottesdienst. Außer uns fünf und dem Kirchendiener, der uns herumführte, war die Kirche vollkommen leer, aber es war sehr feierlich. Ich hätte da drinnen ganz ruhig stehen bleiben und nur immer an Gott denken mögen. 
Anders erzählte mir, wie es früher war, wenn eine Kirche erbaut wurde. Große Abteilungen von Arbeitern haben da gemauert und Steine zugehauen, wohl zwanzig Jahre lang, ja gar fünfzig und hundert Jahre lang, ehe das Gotteshaus fertig war. Und er sagte, man kann jetzt keine schönen Kirchen mehr bauen, weil alle Menschen es so eilig haben und ihre arbeit nicht mehr mit derselben Liebe ausführen, wie das früher der Fall war. Darin hat Anders gewiß recht, und im stillen dachte ich, die Menschen müssen sehr glücklich gewesen sein, die ihr ganzes Leben lang an einer Kathedrale bauen durften. Ich glaube, das würde ich noch lieber tun als Romane schreiben. 

aus: Selma Lagerlöf, Das Tagebuch der Selma Lagerlöf.    

Montag, 29. September 2014

Du gleichst einem Garten

Erntedank und die wahre Frömmigkeit - den Feiertag heiligen + Barmherzigkeit üben

Jesaja 58, 7-14  ... an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen.
8 Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte und deine Wunden werden schnell vernarben. Deine Gerechtigkeit geht dir voran, die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach.
9 Wenn du dann rufst, wird der Herr dir Antwort geben, und wenn du um Hilfe schreist, wird er sagen: Hier bin ich. Wenn du der Unterdrückung bei dir ein Ende machst, auf keinen mit dem Finger zeigst und niemand verleumdest,
10 dem Hungrigen dein Brot reichst und den Darbenden satt machst, dann geht im Dunkel dein Licht auf und deine Finsternis wird hell wie der Mittag.1
11 Der Herr wird dich immer führen, auch im dürren Land macht er dich satt und stärkt deine Glieder. Du gleichst einem bewässerten Garten, einer Quelle, deren Wasser niemals versiegt.
12 Deine Leute bauen die uralten Trümmerstätten wieder auf, die Grundmauern aus der Zeit vergangener Generationen stellst du wieder her. Man nennt dich den Maurer, der die Risse ausbessert, den, der die Ruinen wieder bewohnbar macht.2
13 Wenn du am Sabbat nicht aus dem Haus gehst und an meinem heiligen Tag keine Geschäfte machst, wenn du den Sabbat (den Tag der) Wonne nennst, einen Ehrentag den heiligen Tag des Herrn, wenn du ihn ehrst, indem du keine Gänge machst, keine Geschäfte betreibst und keine Verhandlungen führst,3
14 dann wirst du am Herrn deine Wonne haben, dann lasse ich dich über die Höhen der Erde dahinfahren und das Erbe deines Vaters Jakob genießen. Ja, der Mund des Herrn hat gesprochen.

Montag, 15. September 2014

Bitte nie um Liebe


Jennifer Clement: Gebete für die Vermissten

Ladydi ist fünfzehn und die Welt, von der sie uns erzählt, erinnert den europäischen Leser womöglich an albtraumhafte Horrorszenarien oder gar Science-Fiction: Frauen, die ihr Leben völlig schutzlos in vergessenen Bergdörfern fristen, die vergeblich versuchen ihre Töchtersöhne vor den ständigen Invasionen der Gewalt zu retten. Ein Überleben im Versteck, ein Leben im Ausnahmezustand und doch ist der Horror Realität, keine Zukunftsvision.
Man hat schon von mexikanischen Drogen- und Mädchenhandel gehört, aber hier folgen wir einer Beschreibung, die unter die Haut geht.
Ladydi, ein als Junge verkleidetes Mädchen, lebt mit ihrer Mutter allein. Ihre Mutter ist eine verlassene Ehefrau wie die meisten Frauen des Dorfes, denn die Männer versuchen ihr Glück in den Städten oder sind längst ausgewandert. Die beiden sind absolut schutz- , aber nicht wehrlos. Das ist es, was dem Roman die eigentliche Erzählspannung gibt, die sehr speziellen Formen des Widerstands dieser Frauen. Zunächst einmal träumt Ladydi von einem anderen Leben und ihre Mutter trinkt, aber dabei kann es durch das, was den beiden zustößt nicht bleiben. Da die lauernde und immer wieder ausbrechende Gewalt eher Naturereignissen gleicht mit denen man sich irgendwie arrangieren muss, könnten sie um die Hilfe eines allmächtigen Gottes bitten. Verspricht das nicht der Titel? Aber scheinbar ist ihnen selbst diese letzte Möglichkeit verwehrt. Die Mutter lehrt ihre Tochter vor allem eines: Bitte nie um Liebe oder Gesundheit... Oder Geld. Wenn Gott hört, was du willst, gibt er es dir nicht. Garantiert. Und so bittet Ladydi um Wolken und Pyjamas und Glühbirnen und als der Vater und Ehemann die beiden verlässt, bitten sie gemeinsam um Löffel. Eine absurde Welt fordert ihr Recht.

Auch Paula, die beste Freundin Ladydis wird eines Tages entführt, verschwindet und das Leben im Ausnahmezustand geht weiter. Normalerweise tauchen entführte Mädchen nicht wieder auf. Doch Paula kommt zurück. Verstummt. Ein Geheimnis umgibt sie. Der Cousin Ladydis, ein hübscher Dummkopf und bald auch Dealer, versucht es zu enträtseln. Wenn es keinen gnädigen Gott gibt, dann setzt man auf Rache. Auch die Mutter Ladydis sagte, sie glaube an Rache. Und dieser Härte sieht sich selbst die Tochter ausgesetzt. Ich wusste, sie würde mir nichts verzeihen, gleichzeitig lernte ich selbst auch, nicht zu verzeihen. Deshalb ging sie auch nicht mehr in die Kirche, sagte sie, obwohl sie manche Heilige verehrte, aber dieses ganze Vergebungstheater gefiel ihr nicht. Ich weiß, dass sie einen Großteil des Tages darüber nachdachte, was sie mit meinem Vater anstellen würde, falls er je zurückkäme. Damit werden alle zur potentiellen Bedrohung, alle und alles wird in einen Strudel krimineller Energie gezogen. Diese brutale Welt des Misstrauens und der Sucht nach Vergeltung ist die Hölle. Welche Chance hätte da ein fünzehnjähriges Mädchen. Welche Möglichkeiten gibt es denn, sich so einer Welt überhaupt zu entziehen?    

Der Leser dieses Romans wird völlig in den Sog der Handlung, aber auch der wirklich gelungenen Dialoge und Gedankenläufe gezogen und taucht erst am Ende atemholend wieder auf. Ich werde hier nicht alles erzählen, den Inhalt jedes Kapitels nacherzählen, um Ihnen diese Spannung zu ersparen. Ich werde Ihnen aber empfehlen, in dieses Buch ein- und abzutauchen.  

Jennifer Clement, Gebete für die Vermissten, Suhrkamp Verlag 2014

Jennifer Clement, 1960 in Connecticut geboren, wuchs in Mexiko-Stadt auf, studierte in New York und Paris Literaturwissenschaft und hat Lyrik und zwei Romane veröffentlicht. Für Gebete für die Vermissten recherchierte sie über zehn Jahre lang in der mexikanischen Provinz und führte Hunderte Interviews mit vom Drogenkrieg betroffenen Mädchen und Frauen.

Situation in Mexiko (der Buchseite des Verlages entnommen): 
  • Regierungsorganisationen schätzen die Zahl der Entführungen im Jahr 2012 auf 105.682.
  • Es gibt 31 % mehr Entführungsfälle als im Jahr zuvor.
  • 2013 wurden nur 1.446 Entführungen zur Anzeige gebracht.
  • Auf Entführung folgt: Zwangsarbeit, Sexhandel, Pornografie.

Montag, 1. September 2014

Weltereignis oder Himmelstheater


1414-1418 fand das Konstanzer Konzil statt. Hauptziel dieser Kirchenversammlung war es, das Abendländische Schisma zu beenden, aber nicht nur. Vielmehr feiere ein Weltereignis Geburtstag. Von 2014-2018 wird nun am Bodensee ausgiebig gefeiert: Ausstellungen, Gottesdienste und Theateraufführung erinnern an eine bewegte Zeit, die vor Verurteilung und Hinrichtung nicht zurückschreckte. Jan Hus und Hieronymus von Prag starben als Ketzer, weil die Kirche sich nicht auf Reformen einlassen wollte. Machtwille, Intrigen und viele gute Absichten führten zu diesem Scheitern. Daneben: gute Beobachter und viel Volk, Händler und Statisten. Nicht einfach über dieses Konzil zu schreiben, ein Theaterstück aus diesem Gewirr von Politik, Träumen und Schuld zu dichten. Wie könnte man anfangen? Wie und womit enden? Zwei Autoren haben sich dieser Herausforderung gestellt und lesen demnächst aus ihrem Stück:  
   
FREIBURGER ANDRUCK am 17.09.-20:00 Uhr
KARL-HEINZ OTT UND THERESIA WALSER: 
KONSTANZ AM MEER. EIN HIMMELSTHEATER

"Konstanz 1414. Hintz und Kuntz stehen seit Stunden am Ufer des Bodensees und warten auf das Schiff des Königs das, längst überfällig, im Nebel des Sees nicht auftaucht. Und als der König mit seiner Frau schließlich Konstanz erreicht, müssen nicht nur die stürmischen Wogen der Ehe geglättet werden, sondern auch die zwischen den am Konzil teilnehmenden Ländern. Auch der Papst bleibt davon nicht ausgenommen – und außerdem gibt es da noch dieses brennende Problem mit Jan Hus! Im warmen Wirtshaus macht sich währenddessen Martha Haefelin Hoffnung, vom Treiben des Konzils zu profitieren. Eine Schiffsflotte will sie aufbauen, die von Konstanz bis zum fernen Meer Handel treibt. Konstanz am Meer, diese „intelligent-hintersinnige Gemeinschaftsarbeit“, wie Bettina Schulte in der Badischen Zeitung schreibt, entstand als Auftragswerk zum 600ten Jubiläum des Konstanzer Konzils. Der Theatertext wird vom Autorenduo gelesen". (Ankündigungstext Literaturbüro Freiburg)



KUNTZ  Man hat mir Rede versprochen.
SELMA  Bald ist's so weit, am Ende ist dann jeder
              sich sein eigener Herr, ein jeder macht sich seinen
              eigenen Himmel, sein eignes Paradies, seine eigene
              Hölle und einen Gott, den jeder sich zusammenbastelt, 
              wie's ihm grade passt.
HINZ    Man hat mir Rede versprochen.
KUNTZ Du redest doch die ganze Zeit!

aus: Theresia Walser, Karl-Heinz Ott, Konstanz am Meer. Ein Himmelstheater, Klöpfer&Meyer Verlag, 2014, S. 99.

Mittwoch, 13. August 2014

Literatheo wünscht einen guten Urlaub!

Oder vom Atemholen der Liebe! 
Viele von uns werden im Urlaub zu großen und kleinen Wanderern, manche pilgern, einige pilgern nach Lourdes, spüren dem Leben und Sehen eines kleinen Bauernmädchens nach, die heute eine große Heilige ist. O Wunder. Wir brauchen viele Zeichen und Wunder, aber wir brauchen auch Urlaub vom Wunder. Franz Werfel bringt es in seinem Roman Das Lied von Bernadette auf den Punkt: 

Die Seligkeit Bernadettes ist vollkommen. Gerade durch den Urlaub, den die Dame sich nimmt und ihr gibt, kommt eine Ruhe über sie, die nichts anderes ist als die betrachtende Stetigkeit der erfüllten Freude. Die große Doppelwoche hat an Bernadettens Kräften gezehrt. Es ist klar, daß die Dame ihr eine Pause vergönnt, in der sie sich sammeln, in der sie die Ernte dieser Tage bergen kann. Gut ist diese Pause, fühlt Bernadette. Die Dame hat auswärts zu tun. Gewiß ist auch sie müde von dem vielen Erscheinen. Es gibt Trennungen, die selbst die Trautliebenden begrüßen, weil sie ein Atemholen der Liebe sind. 

Franz Werfel, Das Lied von Bernadette, Fischer Verlag, 1998.   

Dienstag, 22. Juli 2014

Licht des Schauens

Im Buch der Mystik von Balzac - auf das ich ehrlich gesagt am neugierigsten war -  finden wir folgende Bücher: Seraphita (kaum mehr lesbar), Jesus Christus in Flandern (gut lesbar und noch immer aktuell) und Louis Lambert das aus einer Vielzahl von Gründen interessanteste unter ihnen. 
Ich konnte es selber kaum fassen, aber tatsächlich hat sich Balzac in den 1830er Jahren mit Mesmerismus, Mystik und vielen religiösen Fragen beschäftigt. Außerdem hat sich Balzac in seinem Protagonisten Louis Lambert zum Teil selbst porträtiert. Wir treffen auf einen introvertierten genialen Jungen, der den Härten des Internatslebens kaum gewachsen scheint. Er wird weder von seinen Lehrern noch Mitschülern verstanden. Immer stärker flieht er in seine innere, seine Gedanken- und Ideenwelt. Die Schriften des Mystikers Svedenborg inspirieren ihn zu ausufernden Geistreisen und Spekulationen. Wie es mit ihm nach dem Internat weitergeht? Wie es endet? Ob er die reiche Jüdin Pauline heiraten wird oder nicht? Finden Sie es heraus. Ich muss hier ein bisschen beim Thema bleiben und fische lediglich ein paar Zitate für Sie heraus:

XVI.
Die Gabe des Schauens besteht darin, die Dinge der materiellen Welt ebenso gut wie diejenigen der geistigen Welt in ihren ursprünglichen und ihren in der Folge abgewandelten Arten zu sehen. Die schönsten menschlichen Genien sind diejenigen, die von den Dunkelheiten des Abstrakten ausgegangen sind, um zum Licht des Schauens zu gelangen (species, schauen, nachsinnen, alles sehen und auf einmal; speculum, Spiegel oder Mittel , eine Sache zu begreifen indem man sie ganz sieht). Jesus war ein Seher, er sah das Geschehene in seinen Wurzeln und in seinen Früchten, in der Vergangenheit, die es hervorgebracht, in der Gegenwart, in der es sich darstellt, in der Zukunft, in der es sich entfaltet. Sein Schauen durchdrang die Einsicht des Anderen. Die Vollkommenheit des inneren Schauens erzeugt die Sehergabe. Das "Sehen" bringt die Intuition mit sich. Die Intuition ist eine der Gaben des "inneren Menschen ".

XVIII.
Die Sehergabe ist naturgemäß der vollkommenste Ausdruck des Menschen, der Ring, der die sichtbare Welt mit der höheren verbindet: der schauende Mensch handelt, sieht und fühlt durch sein Inneres. Der abstrakte Mensch denkt, der Instinktive handelt. 

XX.
Es gibt drei Welten: die natürliche, die geistige, die göttliche. .. Es gibt daher einen materiellen, einen geistigen, einen göttlichen Kult; drei Formen, die sich durch das Handeln, das Wort, das Gebet auswirken, oder anders ausgedrückt: durch die Tatsachen, den Verstand und die Liebe. Der Instinktive will Tatsachen, der Abstrakte beschäftigt sich mit den Ideen, der Seher sieht das Ende, strebt Gott zu, den er vorempfindet oder betrachtet.



Mittwoch, 16. Juli 2014

Als eine Wiesen Blum

Heute vor 350 Jahren oder heute ..."Was sind wir Menschen doch! Ein Wohnhaus grimmer Schmerzen."
                                   
Der schlesische Dichter Andreas Gryphius gehört zu den wichtigsten Barockdichtern deutscher Sprache. Er thematisierte in seiner Lyrik das Leid und die existenzielle Verunsicherung der Menschen während des Dreißigjährigen Kriegs. 




Du sihst / wohin du sihst nur Eitelkeit auff Erden.
Was dieser heute baut / reist jener morgen ein:
Wo itzund Städte stehn / wird eine Wiesen seyn /
Auff der ein Schäfers-Kind wird spielen mit den Herden.

Was itzund prächtig blüht / sol bald zutretten werden.
Was itzt so pocht vnd trotzt ist morgen Asch vnd Bein /
Nichts ist / das ewig sey / kein Ertz / kein Marmorstein.
Itzt lacht das Glück vns an / bald donnern die Beschwerden.

Der hohen Thaten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit / der leichte Mensch bestehn?
Ach! was ist alles diß / was wir vor köstlich achten /

Als schlechte Nichtigkeit / als Schatten / Staub vnd Wind;
Als eine Wiesen-Blum / die man nicht wider find’t.
Noch wil was ewig ist kein einig Mensch betrachten!



(Andreas Gryphius, Es ist alles eitel)

Samstag, 5. Juli 2014

METEORA


Letzte Woche gesehen. Der Film erzählt wenig bis nichts. Die Geschichte der verbotenen Liebe zwischen einem Mönch und einer Nonne bleibt fragmentarisch und wirkt wie ein Vorwand. Alles Gesagte bleibt Andeutung und kehrt eilig zurück ins Schweigen. Bewusst. Der Film ist ein Gedicht. Jedes Bild ist sorgfältig gewält und erhält den Raum, den es benötigt. Aus der Stille der Klöster steigen diese Bilder, die weiter nichts tun als den Psalm 23 als Liebesgedicht aufsagen.



Psalm 23

 Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.



Montag, 30. Juni 2014

Zeichen der Liebe


AUGUSTINUS

CONFESSIONES 4,8,13

Mit einander reden und lachen,
sich gegenseitig Gefälligkeiten erweisen,
zusammen schöne Bücher lesen,
sich necken,
dabei aber auch einander
Achtung erweisen,
mitunter sich auch streiten
– ohne Hass,
wie man es auch mit sich tut,
manchmal auch in den Meinungen
auseinandergehen
und damit die Eintracht würzen,
einander belehren
und von einander lernen,
die Abwesenden schmerzlich vermissen
und die Ankommenden freudig begrüßen
– lauter Zeichen der Liebe und Gegenliebe,
die aus dem Herzen kommen,
sich äußern in Miene, Wort
und tausend freundlichen Gesten,
und wie Zündstoff den Geist
in Gemeinsamkeit entflammen,
so dass aus Vielheit Einheit wird.

Sonntag, 22. Juni 2014

Höflichkeitskatechismus

Der gute alte Goethe soll wieder schuld sein, und zwar diesmal daran, dass Balzac im deutschen Sprachraum ein bekannter Unbekannter ist (vgl. Willms, Balzac Biographie, die mich auf einer sehr schönen Südfrankreich-Reise gut unterhalten hat.) Aber selbst wenn es so wäre - und wir sogar einen Sündenbock haben - muss dies ja nicht für immer gelten. 
Um sogleich mit gutem Beispiel voran zu eilen, folgen nun Sätze des Meisters: Mademoiselle Cormon sah es als eine ihrer Pflichten an, zu reden; nicht daß sie schwatzhaft gewesen wäre, sie war unglücklicherweise zu beschränkt und kannte zuwenig Redensarten, um ein Gespräch führen zu können; aber sie glaubte damit eine von der Religion vorgeschriebene soziale Pflicht zu erfüllen, die uns auferlegt, sich seinen Mitmenschen angenehm zu machen. Diese Verpflichtung kostete sie soviel Anstrengung, daß sie über diesen Punkt des Höflichkeitskatechismus ihren religiösen Beistand, den Abbé Couturier, befragt hatte. Trotz der bescheidenen Bemerkung seines Beichtkindes, daß sich ihr Geist, um etwas Unterhaltendes zu finden, einer schweren inneren Arbeit unterziehen müsse, las ihr der alte Priester, der in Fragen des Verhaltens unerschütterlich war, eine ganze Passage aus dem heiligen Franz von Sales über die Pflichten der Frau der Gesellschaft vor, über die wohlanständige Heiterkeit frommer Christinnen, die sich ihre Strenge für sich selbst aufsparen und sich in ihrem Hause liebenswürdig zeigen sollten, so daß sich ihre Mitmenschen nicht bei ihnen langweilen. Da sie nun ihrem Beichtvater, der ihr das Plaudern zur Pflicht gemacht hatte, um jeden Preis gehorchen wollte, so geriet die Arme in ihrem Korsett in Schweiß, wenn die Unterhaltung erschlaffte, so schwer wurde ihr der Versuch, ihre Gedanken auszudrücken, um die ermatteten Gespräche wieder zu beleben. Sie gab dann seltsame Satzgebilde zum besten, etwa wie das folgende: "Niemand kann an zwei Stellen zugleich sein, wenn er nicht ein Vögelchen ist". 

Balzac, Die alte Jungfer, Insel Taschenbuch, S. 85.
 

Dienstag, 3. Juni 2014

Zwar glänzt ein Weniges heute

 Friedrich Hölderlin

Der Gang aufs Land



Komm! ins Offene, Freund! zwar glänzt ein Weniges heute
  Nur herunter und eng schließet der Himmel uns ein.
Weder die Berge sind noch aufgegangen des Waldes
   Gipfel nach Wunsch und leer ruht von Gesange die Luft.
Trüb ists heut, es schlummern die Gäng' und die Gassen und fast will
    Mir es scheinen, es sei, als in der bleiernen Zeit.
Dennoch gelinget der Wunsch, Rechtglaubige zweifeln an Einer
    Stunde nicht und der Lust bleibe geweihet der Tag.
Denn nicht wenig erfreut, was wir vom Himmel gewonnen,
    Wenn ers weigert und doch gönnet den Kindern zuletzt.
Nur daß solcher Reden und auch der Schritt’ und der Mühe
    Wert der Gewinn und ganz wahr das Ergötzliche sei.
Darum hoff ich sogar, es werde, wenn das Gewünschte
    Wir beginnen und erst unsere Zunge gelöst,
Und gefunden das Wort, und aufgegangen das Herz ist,
    Und von trunkener Stirn' höher Besinnen entspringt,
Mit der unsern zugleich des Himmels Blüte beginnen,
    Und dem offenen Blick offen der Leuchtende sein.
Denn nicht Mächtiges ists, zum Leben aber gehört es,
    Was wir wollen, und scheint schicklich und freudig zugleich.
Aber kommen doch auch der segenbringenden Schwalben
    Immer einige noch, ehe der Sommer, ins Land.
Nämlich droben zu weihn bei guter Rede den Boden,
    Wo den Gästen das Haus baut der verständige Wirt;
Daß sie kosten und schaun das Schönste, die Fülle des Landes
    Daß, wie das Herz es wünscht, offen, dem Geiste gemäß
Mahl und Tanz und Gesang und Stutgards Freude gekrönt sei,
    Deshalb wollen wir heut wünschend den Hügel hinauf.
Mög' ein Besseres noch das menschenfreundliche Mailicht
    Drüber sprechen, von selbst bildsamen Gästen erklärt,
Oder, wie sonst, wenns andern gefällt, denn alt ist die Sitte,
    Und es schauen so oft lächelnd die Götter auf uns,
Möge der Zimmermann vom Gipfel des Daches den Spruch tun,
    Wir, so gut es gelang, haben das Unsre getan.
Aber schön ist der Ort, wenn in Feiertagen des Frühlings
    Aufgegangen das Tal, wenn mit dem Neckar herab
Weiden grünend und Wald und all die grünenden Bäume
    Zahllos, blühend weiß, wallen in wiegender Luft,
Aber mit Wölkchen bedeckt an Bergen herunter der Weinstock
    Dämmert und wächst und erwarmt unter dem sonnigen Duft.



Montag, 26. Mai 2014

Hans im Glück

Zur Einstimmung auf die Glückslesung (sieh unten) und oder für die sentimentale Geistreise (Nostalgie für Ossis, die es garantiert kennen) Ich habe es mit Begeisterung wieder gehört.

Donnerstag, 15. Mai 2014

Der Wille zum Glück



Literaturraum Kirche lädt ein!


1. Juni 2014 – 18:00 Uhr in der Friedenskirche
Bei unserer nächsten Themenlesung: Glück ist wie ...“ wollen wir der diesjährigen Jahreslosung "Gott nahe zu sein, ist mein Glück" literarisch nachspüren.


"Glück ist wie Blütenduft,
der dir vorüberfliegt ...
Du ahnest dunkel Ungeheures,
dem keine Worte dienen -
schließest die Augen,
wirfst das Haupt zurück -
und, ach!
vorüber ists."
Christian Morgenstern

»Glück ist Liebe, nichts anderes. Wer lieben kann, ist glücklich.«
Hermann Hesse

Chr. Morgenstern, Thomas Mann, Psalmen und mehr gelesen von: Judith Beck, Anne-Kerrin Gomer und dem Schauspieler Peter Haug-Lamersdorf. Musikalisch wird die Lesung umrahmt von Aaron Epstein (Klavier). 

Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht

Ort: Friedenskirche, Freiburg, Hirzbergstraße 1 (neben der Musikhochschule)

Samstag, 10. Mai 2014

Dies Verlangen



Blaise Pascal, Gedanken über Religion und andere Themen (1669)

Wir verlangen nach der Wahrheit und finden in uns nichts als Ungewissheit. Wir suchen das Glück und finden nur Elend. Wir sind unfähig nicht zu begehren die Wahrheit und das Glück und wir sind unfähig sowohl der Gewissheit als des Glücks. Dies Verlangen ist uns gelassen eben so sehr um uns zu strafen als um uns fühlbar zu machen, von welcher Höhe wir herabgefallen sind.

Ist der Mensch nicht gemacht für Gott, warum ist er nicht glücklich als in Gott? Ist der Mensch gemacht für Gott, warum ist er so wider Gott?

Sonntag, 27. April 2014

Himmelsvision



Eine Pfarrerstochter
 Georg Orwell

Es war außerordentlich, wie der Himmel ständig in ihren Gedanken war; und noch ungewöhnlicher war die Gegenwärtigkeit, die Lebendigkeit, mit der sie alles sehen konnte. Die güldenen Straßen und die Tore aus orientalischen Perlen waren für sie so wirklich, als wären sie buchstäblich vor ihren Augen. Und ihre Vision erstreckte sich auf die konkretesten, die irdischsten Einzelheiten. Wie weich die Betten dort oben waren! Wie köstlich das Essen! Die herrlichen seidenen Gewänder, die man dort jeden Morgen frisch anziehen würde! Die Befreiung von Ewigkeit zu Ewigkeit und von Arbeit jeglicher Art! In fast jedem Augenblick ihres Lebens stärkte und tröstete sie ihre Vision des Himmels, und ihre verzweifelten Klagen über das Leben der "armen arbeitenden Menschen" wurden seltsam gemildert von der Befriedigung in der Vorstellung, daß schließlich die "armen arbeitenden Menschen" die hauptsächlichen Bewohner des Himmels waren. Sie hatte da eine Art von Handel abgeschlossen und ihr langes Leben voller Müh und Plage gegen die ewige Seligkeit gesetzt. Ihr Glaube war fast zu stark, wenn das möglich ist. Denn es war eine merkwürdige Tatsache, daß die Sicherheit, mit welcher Mrs. Pinther dem Himmel entgegensah - als eine Art von himmlischem Heim für Unheilbare -, Dorothy mit einem seltsamen Unbehagen erfüllte. ..

Wir kennen Orwell "1984" - ein Roman der mich persönlich auch stark geprägt hat, wir kennen auch Orwells "Farm der Tiere", aber jetzt erst kam die Zeit für die "Pfarrerstochter", die er Anfang der Dreißger Jahre geschrieben hat. Der Titel klingt schwach, doch der Roman ist stark. Orwell kannte sich erstaunlich gut aus in all den klerikalen Fragen, den verschiedenen Richtungen, die die Kirche seiner Zeit in England ging und in Glaubensfragen noch dazu. Es ist eine echte Entdeckung. Er schildert darin auch eigene Erfahrungen, die er als Erntehelfer bei der Hopfenernte machte und aus der Zeit seiner Obdachlosigkeit. Orwell war zeitweise erbärmlich verarmt.

Georg Orwell, Eine Pfarrerstochter, Diogenes 1983.      

Sonntag, 20. April 2014

Ein zuverlässiges Beispiel



Tertullian
Der Vogel Phönix ein Beleg für die Auferstehung

Wenn das "Weltall noch zu wenig Sinnbild der Auferstehung ist, wenn die Schöpfung nichts derart anzeigt, weil von den einzelnen Dingen in derselben nicht sowohl ein Sterben als ein Aufhören ausgesagt und keine Wiederbeseelung, sondern nur eine Wiederherstellung angenommen wird, so vernimm nun noch ein ganz voll- ständiges und zuverlässiges Beispiel dieser Hoffnung. Sein Gegenstand ist ein beseeltes, des Lebens und Sterbens fähiges Wesen. Ich meine nämlich den nur dem Orient, angehörigen Vogel, der, durch seine Einzigkeit ausgezeichnet, in bezug auf Nachkommenschaft ein Wunder der Natur ist, der, sich selbst freiwillig begrabend, sich selbst erneuert, an seinem Geburtstage sterbend und wieder eintretend abermals zum Phönix wird, nachdem er schon nichts mehr war, abermals er selber, er, der nicht mehr war, ein anderer und doch derselbe. Was gibt es Ausdrücklicheres und Bezeichnenderes in dieser Beziehung, oder für welche Sache findet sich eine so zutreffende Bestätigung? Gott sagt in der hl. Schrift auch: "Er wird blühen wie ein Phönix", nämlich nach dem Tode und dem Begräbnis, damit man glaube, dass die Substanz des Körpers auch dem Feuer wieder entrissen werden könne. Nun hat aber der Herr den Ausspruch gethan, dass wir besser sind als viele Sperlinge; das würde nichts Grosses sein, wenn wir nicht auch besser wären als der Phönix. Und die Menschen sollten für immer vergehen, während arabische Vögel ihrer Auferstehung sicher sind?!

Tertullian, Über die Auferstehung des Fleisches, Kap. 13 (geschrieben 212-214 n.Chr.)

Freitag, 18. April 2014

Um ihretwillen


Rainer Maria Rilke

Denn wir sind nur die Schale und das Blatt

Denn wir sind nur die Schale und das Blatt.
Der große Tod, den jeder in sich hat,
das ist die Frucht, um die sich alles dreht.

Um ihretwillen heben Mädchen an
und kommen wie ein Baum aus einer Laute,
und Knaben sehnen sich um sie zum Mann;
und Frauen sind den Wachsenden Vertraute
für Ängste, die sonst niemand nehmen kann.
Um ihretwillen bleibt das Angeschaute
wie Ewiges, auch wenn es lang verrann, -
und jeder, welcher bildete und baute,
ward Welt um diese Frucht, und fror und taute
und windete ihr zu und schien sie an.
In sie ist eingegangen alle Wärme
der Herzen und der Hirne weißes Glühn -:
Doch deine Engel ziehn wie Vogelschwärme,
und sie erfanden alle Früchte grün.

Rainer Maria Rilke, 16.4.1903, Viareggio

Freitag, 4. April 2014

Mich hat der Heiland endlich erhascht

Goethe: frühes Genie und später feister Dichterfürst zu Weimar. Ein Dichter, aber ein Mensch? Mit dem Buch - ausgerechnet einer Psychobiographie - von Rainer M. Holm-Hadulla wandelte sich mein Goethe Bild völlig. Ich lege es jedem ans Herz, der Goethes Werk wirklich verstehen will und auch den Menschen Goethe sucht. 

Für diesen Blog wieder einige ausgewählte Zitate: 
"Schon früh war sein Vertrauen in die Güte Gottes durch das verheerende Erdbeben von Lissabon erschüttert worden. Er blieb aber seiner Kirche verbunden und in der Krankheitszeit vertiefte sich seine religiöse Sinnsuche. Im Januar 1769 schreibt er an Langer: Es ist viel mit mir vorgegangen; ich habe gelitten, und bin wieder frey, meiner Seele war diese Calcination sehr nütze, meine relativen Umstände haben sich auch dadurch gebessert, und wenn mein Cörper, wie sie behaupten, auch jetzo wahre Hoffnung, zur Besserung haben kann, weil sich die nächste Ursache meiner Krankheiten entdeckt hat; so weiß ich keinen glücklichern Vorfall, in meinem Leben als diesen schröcklichen... Mich hat der Heiland endlich erhascht, ich lief ihm zu lang und zu geschwind, da kriegt er mich bei den Haaren... Ich binn manchmal hübsch ruhig darüber, manchmal wenn ich stille binn, und alles Gute fühle was aus der ewigen Quelle auf mich geflossen ist. Wenn wir auch noch so lange irre gehen, wir beyde, am Ende wirds doch werden.  

aus: RainerM. Holm-Hadulla, Leidenschaft. Goethes Weg zur Kreativität. Eine Psychobiographie, Vandenhoeck&Ruprecht, 2009.  

Sonntag, 23. März 2014

In Büchern las Herr G.

Aus gegebenem Anlass (s.u.) möchte ich hier nochmals auf die wunderbaren "Geschichten vom Herrn G." von Thomas Weiß hinweisen:

Dass ihm nachgesagt wurde, er wisse alles, machte Herrn G. viele Gedanken, sodass er nachts nicht schlafen konnte, wenn er merkte, worin der doch nicht vollkommen war. Besonders belastend war es für Herrn G. als er feststellte, dass er nicht wusste, was es bedeutet, versehrt zu sein. Also lernte er Abschied, Trauer und Tod. Gute Ratgeber fand er in den Menschen, denen Herr G. dafür sehr dankbar war. 

In Büchern las Herr G. immer wieder und mit Spannung. Darum brachte Herr G. den Menschen das Schreiben bei. Bald nahmen die Veröffentlichungen aber dergestalt überhand, dass Herr G. den Überblick verlor und nicht mehr wusste, was aus der Fülle er lesen sollte. Da erschuf er die Kritiker und den Grauen Star. 


Mehr und vor allem vom Autor selbst gelesen am Sonntag, den 30. März 2014 - 17:00 Uhr in der Freiburger Friedenskirche. Ich schlage vor, Sie schauen dann einfach mal vorbei!  


Mittwoch, 5. März 2014

Literatur aus Ägypten

Chalid al-Chamissi - Im Taxi
Es genügte mir, neben ihm zu sitzen, um mich wohl zu fühlen und das Leben zu lieben. Irgendetwas an ihm erinnerte mich an meinen Lieblingschansonier, den Belgier Jaques Brel. Wie unrecht er doch hatte, als er sang, dass der Tod besser als Altern sei...
Ich konnte mir kaum vorstellen, dass er schon seit sechzig Jahren Taxi fuhr. Der Mut, ihn nach seinem Alter zu fragen fehlte mir zwar, aber ich wagte, ihn auf seine Erfahrungen anzusprechen: "Welche Lehre ziehen Sie aus all den Jahren, damit einer wie ich von Ihren Erfahrungen profitieren kann?" 
"Gott sorgt sogar für die schwarze Ameise, die in einer mondlosen Nacht über einen schwarzen Felsen kriecht."
"Was meinen Sie damit?" 
"Ich werde Ihnen erzählen, was mir kürzlich zugestoßen ist, damit Sie verstehen, was ich meine."
"Bitte!"
"Zehn Tage lang war ich so krank, dass ich mich nicht aus dem Bett bewegen konnte. Ich bin sehr arm und lebe von der Hand in den Mund. Nach einer Woche war kein Piaster mehr im Haus. Ich wusste das, auch wenn meine Frau es vor mir verbergen wollte. Ich fragte sie, was wir tun sollten. "Es ist alles in Orndung, Abu Hussain, antwortete sie. In Wahrheit hatte sie angefangen, Essen bei den Nachbarn zusammenzubetteln. Meine Kinder haben selbst viel um die Ohren, einer hat die Hälfte seiner Kinder verheiratet, für die andere aber hat es nicht gereicht; ein anderer hat einen kranken Enkel und rennt mit ihm von Spital zu Spital. Kurz gesagt: Von ihnen können wir keine Hilfe verlangen. Vielmehr müssten wir ihnen helfen. Nach zehn Tagen sagte ich zu meiner Frau, ich müsse wieder arbeiten. Sie sagte nein und schrie, ich würde sterben. Im Grunde war ich zu krank um aus dem Haus zu gehen, aber ich hatte keine Wahl. Und so log ich und sagte, ich würde kurz ins Café um die Ecke gehen. .. Ich ging zum Wagen, startete den Motor und flüsterte "Gott helfe mir!" Ich fuhr und fuhr, bis ich zum Ormanpark kam. Dort stand ein Peugeot 504, der offenbar eine Panne hatte. Der Fahrer winkte mir und ich hielt an. Er sagte, er habe einen Kiunden vom Golf, der zum Flughafen müsse. Ob ich ihn an seiner Stelle hinbringen könne. Das war die Vorsehung Gottes!
Der Gast stieg ein. Er war aus Oman, aus dem Land von Sultan Kabus. Als er mich nach dem Fahrpreis fragte, antwortete ich: "Was immer Sie mir geben." Er fragte: "Sie nehmen, was immer ich Ihnen gebe?" Ich bejahte. 
Auf dem Weg zum Flughafen erfuhr ich, dass er zum Frachtschalter musste, weil er Waren zu verzollen hatte. Ich sagte, mein Enkel arbeite dort und würde ihm bei der Zollabfertigung helfen. Tatsächlich fand ich meinen Enkel; er hatte gerade Schicht. Wir erledigten die Zollsache, dann brachte ich den Omaner zurück nach Dukki. Er fragte abermals: "Was bekommen Sie, Hagg?" Ich antwortete, wir seien übereingekommen, dass er den Fahrpreis bestimme. Er gab mir fünzig Pfund (6,20 Eur). Ich nahm sie, bedankte mich und ließ den Motor an. Er fragte mich, ob ich zufrieden sei. Ich sagte ja. Dann sagte er "Hagg, der Zoll hätte normalerweise tausenvierhundert Pfund von mir genommen. Dank Ihnen habe ich nur sechshundert bezahlt. Die Differenz ist für Sie. Sie haben es verdient. Die Taxifahrt ist zweihundert wert. Und die fünzig Pfund von vorhin sind ein kleines Geschenk. 
Sehen Sie, mein Herr, da hat mir eine einzige Fahrt über tausend Pfund eingebracht. Manchmal nehme ich in vier Wochen nicht so viel ein. Sehen Sie, was Gott tut? Er hat mich aus dem Haus gehen lassen, hat dafür gesorgt, dass ein Peugeot 504 eine Panne hat, und alles Übrige arrangiert, damit ich zu dem Geld komme. Das täglich Brot gehört nicht mir und das Geld gehört nicht mir: Alles gehört Gott. Das ist die Lektion, die ich in meinem Leben gelernt habe."
Ich war traurig, als ich aus dem Taxi steigen musste, denn ich hätte gern noch Stunden mit dem Fahrer verbracht. Aber auch ich musste für meinen Lebensunterhalt sorgen. 

Chalid Al-Chamissi, Im Taxi. Unterwegs in Kairo. Lenos Verlag 2012. 

Wer mehr hören möchte ist eingeladen: Freitag 14. März 2014 - 19:30 Kooperatur am Münsterplatz, Freiburg. Ute Niethammer und Manuela Fuelle lesen zum Weltgebetstag der Frauen zeitgenössische ägyptische Literatur.    

Mittwoch, 26. Februar 2014

Propheten und andere

Neues aus dem Buch der Unruhe:

Ein Freund, Teilhaber einer Firma, die dank ihrer Geschäftsbeziehungen zu allen staatlichen Stellen floriert, sagte neulich zu mir, da er annahm, ich verdiente zuwenig: "Sie werden ausgebeutet, Soares." Das rief mir in Erinnerung, daß dem so ist, da wir alle aber im Leben ausgebeutet werden müssen, fragte ich mich, ob es nicht weniger schlimm ist, von Herrn Vasques, dem Tuchhändler ausgebeutet zu werden als von Eitelkeit, Ruhm, Verachtung, Neid oder dem Unmöglichen.
Manche beutet Gott selbst aus, sie sind die Propheten und Heiligen in der Leere dieser Welt. 


Fernando Pessoa, Das Buch der Unruhe, Fischer Verlag 2011. 

Freitag, 14. Februar 2014

Zustände - Alle Tage

Erst jetzt den wunderbaren Roman der Buchpreisträgerin Terézia Mora Alle Tage gelesen und sogar was für diesen Blog darin gefunden, und zwar im Kapitel "Gottesurteile": Manchmal, sagte Ilia, bin ich von Liebe und Hingabe ganz erfüllt. So ganz und gar, dass ich gar nichts anderes mehr bin als diese Liebe und diese Hingabe. Das dauert einige Minuten. Manchmal auch nur Sekunden. Ich tauche auf und sehe: Es waren nur wenige Sekunden. Bevor ich auftauche, sehe ich mich von außen. Ich sehe mich in Ekstase und erkenne es als Pose. In diesem Moment, wenn ich es als Pose erkenne, bin ich von der Hingabe zur Skepsis gewechselt, also vom Glauben zum Nichtglauben. Wenn ich mich in der Skepsis befinde, und das tue ich häufig, erscheine ich mir in meiner vorherigen Hingabe, mit allem, was dazugehört an ganz klar abergläubischen Ritualen, die ich allein oder mit anderen zusammen ausführe, als lächerlich und dumm. Wenn ich im Glauben bin, und auch das bin ich ziemlich häufig, scheine ich mir in meiner Skepsis abscheulich und dumm. Das sind meine beiden Zustände. Entweder der eine oder der andere, und manchmal auch beide zusammen. 

Terézia Mora, Alle Tage, btb, 2006. 

Sonntag, 2. Februar 2014

Ruhelos ist unser Herz



Augustin - Confessiones (Bekenntnisse)

Erstes Buch

Erstes Kapitel

Groß bist du, o Herr, und deines Lobes ist kein Ende; groß ist die Fülle deiner Kraft, und deine Weisheit ist unermeßlich. Und loben will dich der Mensch, ein so geringer Teil deiner Schöpfung; der Mensch, der sich unter der Last der Sterblichkeit beugt, dem Zeugnis seiner Sünde, einem Zeugnis, daß du den Hoffärtigen widerstehest; und doch will dich loben der Mensch, ein so geringer Teil deiner Schöpfung. Du schaffest, daß er mit Freuden dich preise, denn zu deinem Eigentum erschufst du uns, und ruhelos ist unser Herz, bis es ruhet in dir. Kläre mich auf, o Herr, und laß mich erkennen, ob wir dich zuerst anrufen oder dich preisen; ob wir dich eher erfassen als anrufen sollen? Doch wer ruft dich an, solange du ihm unbekannt bist? Könnte dich, der dich nicht erkennt, statt des einen ein anderes Wesen anrufen? Oder wirst du zuvor angerufen, auf daß du erkannt werdest? Wie sollen sie aber anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber glauben an den, der ihnen nicht geprediget worden? Loben werden den Herrn, die ihn suchen. So ihn aber suchen, werden ihn finden, und die ihn finden, werden ihn loben. Ich will dich suchen, o Herr, im Gebet, und ich werde dich anrufen im Glauben: denn du bist uns verkündigen worden. Mein Glaube, den du mir gegeben, o Herr, ruft dich an, mein Glaube, den du mir einhauchtest durch die Menschwerdung deines Sohnes durch die Vermittlung deines Predigers.

Sonntag, 26. Januar 2014

Beste Medizin!

"SCHLOIME, rat, was das ist: es hängt an der Wand, ist grün und pfeift."
"Nu - sag schon!"
"Ein Hering."
"Unsinn! Der hängt doch nicht an der Wand!"
"Kannst ihn hinhängen."
"Und grün ist er auch nicht!"
"Kannst ihn anstreichen."
"Und er pfeift doch nicht!"
"Nu - pfeift er halt nicht."



Dienstag, 7. Januar 2014

Adams & Evas Tagebücher



MONTAG Dieses Geschöpf mit den langen Haaren ist ganz schön lästig. Ständig treibt es sich hier herum und folgt mir überall nach. Das behagt mir gar nicht, Gesellschaft bin ich nicht gewohnt. Wenn es doch bloß bei den andern Tieren bliebe. Es ist bewölkt heute, der Wind bläst von Ost. Wir werden wohl Regen bekommen. Wir? Wo habe ich dieses Wort her? Jetzt fällt es mir ein - das neue Geschöpf hat es gebraucht. (aus: Adams Tagebuch)

DIENSTAG Ich hatte etwas erschaffen, das es vorher nicht gegeben hatte. Den unzähligen Dingen auf der Welt hatte ich etwas Neues hinzugefügt, das war mir bewusst und darauf war ich stolz. Ich wollte schon zu ihm laufen und ihm alles erzählen, um seine Anerkennung zu gewinnen - aber ich überlegte es mir anders. (aus: Evas  Tagebuch)

WO IMMER SIE WAR, DA WAR EDEN  (Adam)

Lesung am Sonntag, den 19. Januar2014 – 18:00 Uhr
Friedenskirche, Hirzbergstraße 1
 
Mark Twain Adam und Evas Tagebuch.
Gelesen von Ute Niethammer und Markus Engelhardt
Musikalische Umrahmung, Christian Drengk, Orgel 

Weltberühmt wurde Mark Twain mit seinen Romanen und heiteren Kurzgeschichten voller Ironie und Witz. Eines dieser meisterhaften Stücke sind die »Tagebücher von Adam und Eva«. Endlich wissen wir wie sich Adam und Eva fühlten! Und ob es Liebe auf den ersten Blcik war oder sich die beiden erst aneinander gewöhnen mussten! In den Aufzeichnungen des ersten Liebespaares der Schöpfung werden kleine menschliche Schwächen und Eitelkeiten belächelt und die Temperamente von Mann und Frau aufs Korn genommen.