Freitag, 4. April 2014

Mich hat der Heiland endlich erhascht

Goethe: frühes Genie und später feister Dichterfürst zu Weimar. Ein Dichter, aber ein Mensch? Mit dem Buch - ausgerechnet einer Psychobiographie - von Rainer M. Holm-Hadulla wandelte sich mein Goethe Bild völlig. Ich lege es jedem ans Herz, der Goethes Werk wirklich verstehen will und auch den Menschen Goethe sucht. 

Für diesen Blog wieder einige ausgewählte Zitate: 
"Schon früh war sein Vertrauen in die Güte Gottes durch das verheerende Erdbeben von Lissabon erschüttert worden. Er blieb aber seiner Kirche verbunden und in der Krankheitszeit vertiefte sich seine religiöse Sinnsuche. Im Januar 1769 schreibt er an Langer: Es ist viel mit mir vorgegangen; ich habe gelitten, und bin wieder frey, meiner Seele war diese Calcination sehr nütze, meine relativen Umstände haben sich auch dadurch gebessert, und wenn mein Cörper, wie sie behaupten, auch jetzo wahre Hoffnung, zur Besserung haben kann, weil sich die nächste Ursache meiner Krankheiten entdeckt hat; so weiß ich keinen glücklichern Vorfall, in meinem Leben als diesen schröcklichen... Mich hat der Heiland endlich erhascht, ich lief ihm zu lang und zu geschwind, da kriegt er mich bei den Haaren... Ich binn manchmal hübsch ruhig darüber, manchmal wenn ich stille binn, und alles Gute fühle was aus der ewigen Quelle auf mich geflossen ist. Wenn wir auch noch so lange irre gehen, wir beyde, am Ende wirds doch werden.  

aus: RainerM. Holm-Hadulla, Leidenschaft. Goethes Weg zur Kreativität. Eine Psychobiographie, Vandenhoeck&Ruprecht, 2009.