Mittwoch, 16. Juli 2014

Als eine Wiesen Blum

Heute vor 350 Jahren oder heute ..."Was sind wir Menschen doch! Ein Wohnhaus grimmer Schmerzen."
                                   
Der schlesische Dichter Andreas Gryphius gehört zu den wichtigsten Barockdichtern deutscher Sprache. Er thematisierte in seiner Lyrik das Leid und die existenzielle Verunsicherung der Menschen während des Dreißigjährigen Kriegs. 




Du sihst / wohin du sihst nur Eitelkeit auff Erden.
Was dieser heute baut / reist jener morgen ein:
Wo itzund Städte stehn / wird eine Wiesen seyn /
Auff der ein Schäfers-Kind wird spielen mit den Herden.

Was itzund prächtig blüht / sol bald zutretten werden.
Was itzt so pocht vnd trotzt ist morgen Asch vnd Bein /
Nichts ist / das ewig sey / kein Ertz / kein Marmorstein.
Itzt lacht das Glück vns an / bald donnern die Beschwerden.

Der hohen Thaten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit / der leichte Mensch bestehn?
Ach! was ist alles diß / was wir vor köstlich achten /

Als schlechte Nichtigkeit / als Schatten / Staub vnd Wind;
Als eine Wiesen-Blum / die man nicht wider find’t.
Noch wil was ewig ist kein einig Mensch betrachten!



(Andreas Gryphius, Es ist alles eitel)