Sonntag, 31. März 2013

Die Gabe der Tränen


Passend zum Predigtext des heutigen Ostersonntags Joh 20,11-18 Maria Magdalena am leeren Grab - insbesondere der wiederholten Frage: "Warum weinst du?" zunächst von den Engeln, dann vom noch unerkannten Auferstandenen gestellt -
ein Gedicht von Dorothee Sölle:

Gib mir die gabe der tränen gott

Gib mir die gabe der tränen gott
gib mir die gabe der sprache

Führ mich aus dem lügenhaus
wasch meine erziehung ab
befreie mich von meiner mutter tochter
nimm meinen schutzwall ein
schleif meine intelligente burg

Gib mir die gabe der tränen gott
gib mir die gabe der sprache

Reinige mich vom verschweigen
gib mir die wörter den neben mir zu erreichen
erinnere mich an die tränen der kleinen studentin aus göttingen
wie kann ich reden wenn ich vergessen habe wie man weint
mach mich naß
versteck mich nicht mehr

Gib mir die gabe der tränen gott
gib mir die gabe der sprache

Zerschlage den hochmut mach mich einfach
laß mich wasser sein das man trinken kann
wie kann ich reden wenn meine tränen nur für mich sind
nimm mir das private eigentum und den wunsch danach
gib und ich lerne geben

Gib mir die gabe der tränen gott
gib mir die gabe der sprache
gib mir das wasser des lebens


Dorothee Sölle zitiert aus: Gottesgedichte. Ein Lesebuch zur deutschen Lyrik nach 1945, H. Zwanger/K.-J. Kuschel (Hg.). Erschienen im Klöpfer&Meyer Verlag, 2011.

Freitag, 22. März 2013

Nur für den Fall

Jean Pauls Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, dass kein Gott sei 

In: Jean Paul (1763 – 1825), Blumen-, Frucht- und Dornenstücke oder Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten F.St.Siebenkäs, 8.Kapitel, Erstes Blumenstück
 
Die Kindheit, und noch mehr ihre Schrecken als ihre Entzückungen, nehmen im Traume wieder Flügel und Schimmer an und spielen wie Johanniswürmchen in der kleinen Nacht der Seele. Zerdrückt uns diese flatternden Funken nicht! - Lasset uns sogar die dunkeln peinlichen Träume als hebende Halbschatten der Wirklichkeit! - Und womit will man uns die Träume ersetzen, die uns aus dem untern Getöse des Wasserfalls wegtragen in die stille Höhe der Kindheit, wo der Strom des Lebens noch in seiner kleinen Ebene schweigend und als ein Spiegel des Himmels seinen Abgründen entgegenzog? -
Ich lag einmal an einem Sommerabende vor der Sonne auf einem Berge und entschlief. Da träumte mir, ich erwachte auf dem Gottesacker. Die abrollenden Räder der Turmuhr, die eilf Uhr schlug, hatten mich erweckt. Ich suchte im ausgeleerten Nachthimmel die Sonne, weil ich glaubte, eine Sonnenfinsternis verhülle sie mit dem Mond. Alle Gräber waren aufgetan, und die eisernen Türen des Gebeinhauses gingen unter unsichtbaren Händen auf und zu. An den Mauern flogen Schatten, die niemand warf, und andere Schatten gingen aufrecht in der bloßen Luft. In den offenen Särgen schlief nichts mehr als die Kinder. Am Himmel hing in großen Falten bloß ein grauer schwüler Nebel, den ein Riesenschatte wie ein Netz immer näher, enger und heißer herein zog. Über mir hört' ich den fernen Fall der Lauwinen, unter mir den ersten Tritt eines unermeßlichen Erdbebens. Die Kirche schwankte auf und nieder von zwei unaufhörlichen Mißtönen, die in ihr miteinander kämpften und vergeblich zu einem Wohllaut zusammenfließen wollten. Zuweilen hüpfte an ihren Fenstern ein grauer Schimmer hinan, und unter dem Schimmer lief das Blei und Eisen zerschmolzen nieder. Das Netz des Nebels und die schwankende Erde rückten mich in den Tempel, vor dessen Tore in zwei Gift-Hecken zwei Basilisken funkelnd brüteten. Ich ging durch unbekannte Schatten, denen alte Jahrhunderte aufgedrückt waren. - Alle Schatten standen um den Altar, und allen zitterte und schlug statt des Herzens die Brust. Nur ein Toter, der erst in die Kirche begraben worden, lag noch auf seinen Kissen ohne eine zitternde Brust, und auf seinem lächelnden Angesicht stand ein glücklicher Traum. Aber da ein Lebendiger hineintrat, erwachte er und lächelte nicht mehr, er schlug mühsam ziehend das schwere Augenlid auf, aber innen lag kein Auge, und in der schlagenden Brust war statt des Herzens eine Wunde. Er hob die Hände empor und faltete sie zu einem Gebete; aber die Arme verlängerten sich und löseten sich ab, und die Hände fielen gefaltet hinweg. Oben am Kirchengewölbe stand das Zifferblatt der Ewigkeit, auf dem keine Zahl erschien und das sein eigner Zeiger war; nur ein schwarzer Finger zeigte darauf, und die Toten wollten die Zeit darauf sehen.
Jetzo sank eine hohe edle Gestalt mit einem unvergänglichen Schmerz aus der Höhe auf den Altar hernieder, und alle Toten riefen: »Christus! ist kein Gott?«
Er antwortete: »Es ist keiner.«
Der ganze Schatten jedes Toten erbebte, nicht bloß die Brust allein, und einer um den andern wurde durch das Zittern zertrennt.
Christus fuhr fort: »Ich ging durch die Welten, ich stieg in die Sonnen und flog mit den Milchstraßen durch die Wüsten des Himmels; aber es ist kein Gott. Ich stieg herab, soweit das Sein seine Schatten wirft, und schauete in den Abgrund und rief: ›Vater, wo bist du?‹ aber ich hörte nur den ewigen Sturm, den niemand regiert, und der schimmernde Regenbogen aus Wesen stand ohne eine Sonne, die ihn schuf, über dem Abgrunde und tropfte hinunter. Und als ich aufblickte zur unermeßlichen Welt nach dem göttlichen Auge, starrte sie mich mit einer leeren bodenlosen Augenhöhle an; und die Ewigkeit lag auf dem Chaos und zernagte es und wiederkäuete sich. - Schreiet fort, Mißtöne, zerschreiet die Schatten; denn Er ist nicht!«
Die entfärbten Schatten zerflatterten, wie weißer Dunst, den der Frost gestaltet, im warmen Hauche zerrinnt; und alles wurde leer. Da kamen, schrecklich für das Herz, die gestorbenen Kinder, die im Gottesacker erwacht waren, in den Tempel und warfen sich vor die hohe Gestalt am Altare und sagten: »Jesus! haben wir keinen Vater?« - Und er antwortete mit strömenden Tränen: »Wir sind alle Waisen, ich und ihr, wir sind ohne Vater.«
Da kreischten die Mißtöne heftiger - die zitternden Tempelmauern rückten auseinander - und der Tempel und die Kinder sanken unter - und die ganze Erde und die Sonne sanken nach - und das ganze Weltgebäude sank mit seiner Unermeßlichkeit vor uns vorbei - und oben am Gipfel der unermeßlichen Natur stand Christus und schauete in das mit tausend Sonnen durchbrochne Weltgebäude herab, gleichsam in das in die ewige Nacht gewühlte Bergwerk, in dem die Sonnen wie Grubenlichter und die Milchstraßen wie Silberadern gehen.
Und als Christus das reibende Gedränge der Welten, den Fackeltanz der himmlischen Irrlichter und die Korallenbänke schlagender Herzen sah, und als er sah, wie eine Weltkugel um die andere ihre glimmenden Seelen auf das Totenmeer ausschüttete, wie eine Wasserkugel schwimmende Lichter auf die Wellenstreuet: so hob er groß wie der höchste Endliche die Augen empor gegen das Nichts und gegen die leere Unermeßlichkeit und sagte: »Starres, stummes Nichts! Kalte, ewige Notwendigkeit! Wahnsinniger Zufall! Kennt ihr das unter euch? Wann zerschlagt ihr das Gebäude und mich? - Zufall, weißt du selber, wenn du mit Orkanen durch das Sternen-Schneegestöber schreitest und eine Sonne um die andere auswehest, und wenn der funkelnde Tau der Gestirne aus-blinkt, indem du vorübergehest? - Wie ist jeder so allein in der weiten Leichengruft des Alles! Ich bin nur neben mir - O Vater! o Vater! wo ist deine unendliche Brust, daß ich an ihr ruhe? - Ach wenn jedes Ich sein eigner Vater und Schöpfer ist, warum kann es nicht auch sein eigner Würgengel sein?.....
Ist das neben mir noch ein Mensch? Du Armer! Euer kleines Leben ist der Seufzer der Natur oder nur sein Echo - ein Hohlspiegel wirft seine Strahlen in die Staubwolken aus Totenasche auf euere Erde hinab, und dann entsteht ihr bewölkten, wankenden Bilder. - Schaue hinunter in den Abgrund, über welchen Aschenwolken ziehen - Nebel voll Welten steigen aus dem Totenmeer, die Zukunft ist ein steigender Nebel, und die Gegenwart ist der fallende. – Erkennst du deine Erde?«
Hier schauete Christus hinab, und sein Auge wurde voll Tränen, und er sagte: »Ach, ich war sonst auf ihr: da war ich noch glücklich, da hatt' ich noch meinen unendlichen Vater und blickte noch froh von den Bergen in den unermeßlichen Himmel und drückte die durchstochne Brust an sein linderndes Bild und sagte noch im herben Tode: ›Vater, ziehe deinen Sohn aus der blutenden Hülle und heb ihn an dein Herz!‹... Ach ihr überglücklichen Erdenbewohner, ihr glaubt Ihn noch. Vielleicht gehet jetzt euere Sonne unter, und ihr fallet unter Blüten, Glanz und Tränen auf die Knie und hebet die seligen Hände empor und rufet unter tausend Freudentränen zum aufgeschlossenen Himmel hinauf: ›auch mich kennst du, Unendlicher, und alle meine Wunden, und nach dem Tode empfängst du mich und schließest sie alle.‹ ... Ihr Unglücklichen, nach dem Tode werden sie nicht geschlossen. Wenn der Jammervolle sich mit wundem Rücken in die Erde legt, um einem schönern Morgen voll Wahrheit, voll Tugend und Freude entgegenzuschlummern: so erwacht er im stürmischen Chaos, in der ewigen Mitternacht - und es kommt kein Morgen und keine heilende Hand und kein unendlicher Vater! - Sterblicher neben mir, wenn du noch lebest, so bete Ihn an: sonst hast du Ihn auf ewig verloren.«...
... als ich erwachte. Meine Seele weinte vor Freude, daß sie wieder Gott anbeten konnte - und die Freude und das Wei-nen und der Glaube an ihn waren das Gebet. Und als ich aufstand, glimmte die Sonne tief hinter den vollen purpurnen Kornähren und warf friedlich den Widerschein ihres Abendrotes dem kleinen Monde zu, der ohne eine Aurora im Morgen aufstieg; und zwischen dem Himmel und der Erde streckte eine frohe vergängliche Welt ihre kurzen Flügel aus und lebte, wie ich, vor dem unendlichen Vater; und von der ganzen Natur um mich flossen friedliche Töne aus, wie von fernen Abendglocken.

Fußnote: Wenn einmal mein Herz so unglücklich und ausgestorben wäre, dass in ihm alle Gefühle, die das Dasein Gottes bejahen, zerstöret wären, so würd ich mich mit diesem meinem Aufsatz erschüttern und - er würde mich heilen und meine Gefühle wiederbeleben. 

Samstag, 16. März 2013

Allerdings wie die Kinder

Da mir das Fasten so bitter wurde, im Heidelberger Katechismus aber Fasten und Beten ausdrücklich als heilige und nützliche Werke genannt werden, wende ich mich nun wieder verstärkt dem Gebet zu. Ich erinnere mich gern an die Worte Luthers Über das Gebet:

Lieber Meister Peter, ich gebs euch so gut, als ichs habe, und wie ich selber mich mit Beten halte. Unser Herr Gott gebs euch und jedermann besser zu machen. Amen. Wenn ich fühle, daß ich durch fremde Geschäfte oder Gedanken bin kalt und unlustig zu beten geworden ... nehme ich mein Psälterlein, laufe in die Kammer oder, so es der Tag und Zeit ist, in die Kirche zum Haufen und hebe an, die zehn Gebote, den Glauben und, darnach ich Zeit habe, etliche Sprüche Christi, Pauli mündlich bei mir zu sprechen, allerdings wie die Kinder tun. Darum ists gut, daß man frühmorgens lasse das Gebet das erste und des Abends das letzte Werk sein, und hüte sich mit Fleiß vor diesen falschen, betrüglichen Gedanken, die das sagen: Harre ein wenig, in einer Stunde will ich beten, ich muss dies oder das zuvor fertigen; denn mit solchen Gedanken kommt man vom Gebet in die Geschäfte, die halten und umfangen dann einen, daß aus dem Gebet des Tages nichts wird ...

Wie fremd einem Luther oft bleibt. Wer will ihm hierin folgen? Gleich morgens auswendig Gelerntes vor sich hinplappern, abends damit enden. Ist das schon besser als nichts? Aber die Formulierung geht mir nach: wie Kinder tun. Ich bemerke überhaupt, dass ich bete wie Kinder es tun. Ich plappere einfach Alles in SEINE Richtung, und ich lese auch wie Kinder es tun. Heute früh wurde ich daran erinnerte, als ein Kinderbuchautor auf Deutschlandradio Kultur erzählte, wie ein Kind ihm schrieb: "ich habe das Buch jetzt zwölfmal gelesen und jedes Mal hoffe ich bis zum Schluss, dass es gut ausgeht". Hoffnung wider besseres Wissen ist Ausdruck kindlichen Vertrauens, aber es ist auch eine herangereifte Form des Widerstandes, den ich nicht bereit bin aufzugeben. Ich hoffe auf den guten Ausgang. Ich hoffe jeden Tag auf Wunder. Und übrigens treffe ich auch jeden Tag auf Wunder. Kleine, die sich den großen Rückschlägen entgegenstellen. Ohne Hoffnung, ganz ehrlich, würde ich mir nicht die Mühe machen. Ich würde nicht aufstehen, ich würde nicht jeden Tag bis zur Erschöpfung arbeiten, ich würde weder für mich noch für dich schreiben. Für niemanden.

Dienstag, 12. März 2013

Oder anständig essen


Nach der Sintflut steht geschrieben: "Furcht und Schrecken vor euch sei über allen Tieren auf Erden und über allen Vögeln unter dem Himmel, über allem, was auf dem Erdboden wimmelt, und über allen Fischen im Meer; in eure Hände seien sie gegeben. Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise; wie das grüne Kraut habe ichs euch gegeben. Allein esset das Fleisch nicht in seinem Blut, in dem sein Leben ist." Gen 9,1-4 stehen diese Worte. Vor der Sintflut gab es nur Pflanzen zur Speise (vgl.Gen1,29). Besonders in den sechs Jahren als Vegetarierin traf mich dieser Zusatz immer hart. Gott, der die Bosheit des Menschen erkannt hatte, schien sich irgendwie damit abzufinden, doch der paradiesische Ausgangszustand war verloren. Auch mein guter Wille erlahmte irgendwann, und auch jetzt in der Fastenzeit, in der ich schon einige gute Vorsätze gebrochen habe, tappe ich eher als lahme Ente denn als Weltverbesserer herum. Aber hier soll es ja auch um gute Literatur gehen! Aus gegebenem Anlass möchte ich auf Karen Duves Buch "Anständig essen. Ein Selbstversuch" hinweisen, kein Klassiker, aber "Weltliteratur", die unsere aufgeweichten Hirne wieder konsequenter denken lässt. Fasten oder anständig essen muss kein Widerspruch bleiben. Höchstens für mich, die heute schon wieder mit einem Grillhähnchen nach Hause radelte.

Samstag, 2. März 2013

Einfach werden!

Soll doch der alte Kaffeehausgänger und einst so geliebte und auch ein wenig gehaßte Lebenskünstler Peter Altenberg was erzählen und hier einmal zu Wort kommen, wenn sein Werk nun schon Das Buch der Bücher heißen muss. Frömmigkeit wird niemand von ihm erwarten und oder fordern, aber vielleicht hat er einen Beitrag zur Fastenzeit zu liefern. Mir kam unverhofft dieses Gedicht vor Augen, dass Old Peter wieder ganz als Kämpfer an einsamer Front zeigt: "Mittendrin in diesem Weltsturm sitze ich krank in meinem Zimmerchen und überdenke, überschaue die Sünden, nein, die Irrtümer der Menschheit! Denn die große Sünde ist --- sich irren! Sich nicht irren ist allein sündelos! Neid, Eitelkeit, Eifersucht, Eigendünkel, falscher Ehrgeiz beherrschen die Welt! Ein Irrtum des Lebens!  Werdet einfach! Wenn ihr jetzt, jetzt nicht erkennt, dass jeglicher Luxus überflüssig, traurig, lächerlich, schädlich und vom Satan ist, dass die Welt und ihr unnütz euch groß getan habt mit Überflüssigem, wann, wann werdet ihr es dann noch jemals erkennen?! Werdet einfach! Gesundheit, Reinheit des Leibes und der Seele werde euer einziger Luxus!... Eure Wände seien getüncht, eure Fenster bei Tag und Nacht geöffnet, euer Lager hart-gesund, eine Art idealer Pritsche, bester Loden und bester Flanell ersetzen euch die verbrecherischen Pelze! Werdet einfach! Es gibt einen Genuss der Einfachheit! Es gibt einen Stolz, es gibt eine Ehre des einfachen Lebens. Jeder helfe jetzt mit, die Welt zu reinigen von düsteren, grausamen, heimtückischen, teuflischen Vorurteilen. Tod dem Überflüssigen, es belastet, raubt Kräfte, schwächt, verhindert und zerstört! Werdet einfach!"
Gut, dieser Text war jetzt auch nicht fürs Prekariat, aber immerhin für die, die glauben, dass die Dinge, die sie sich für ihr verdientes Geld leisten können kostbarer sind als ihre Lebenszeit.

Für alle, die in ihrer Jugend nicht Peter Altenberg lasen oder noch jung und unbelesen sind wird nun noch die Frage beantwortet: wer war eigentlich dieser Peter. PETER ALTENBERG (1859-1919) erblickte als Richard Engländer das Licht der Welt, und zwar in einer wohlhabenden jüdischen Familie. Er kannte also die Reichen gut genug. Peters Spezialgebiet wurde das Scheitern. Nein, ich lache nicht beim Schreiben eines solchen Satzes, denn Scheitern ist oft die Grundvoraussetzung fürs Träumen, Träumen fürs Dichten, Dichten fürs Überleben. Peter brach sein Medizinstudium ab, sein Jurastudium ab und die Buchhändlerlehre auch. Erinnerungen an Hesse werden wach. Ein Arzt schrieb ihn auf Lebenszeit krank, wegen "Überempfindlichkeit des Nervensystems", so dass Peter lange Sitzungen in Kaffeehäusern abhalten und zum Schreiben nutzen konnte. Außerdem konnte er Alkoholiker werden. Von seinen Freunden und Kollegen erwartete er, dass sie ihn finanziell unterstützten. Viele kamen diesen Erwartungen nach - es waren noch die guten alten Zeiten - und Peter rief zum Dank aus: sie lassen mich verhungern!